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Kultur frisst Datenstrategie zum Frühstück, oder: warum Change nicht nebenbei passiert

Kultur frisst Datenstrategie zum Frühstück, oder: warum Change nicht nebenbei passiert

Wer in seiner Sturm und Drange Phase in den Genuss kommen durfte, das WG Leben kennenzulernen, der wird sich neben den schneewittchenartigen Alltagsfragen (wer hat in meinem Bettchen geschlafen, wer hat meinen Joghurt gegessen, wer hat in meinen Wäschekorb gespien, usw.) ein ums andere Mal an einem der beliebtesten Zankäpfel der heutigen Zeit aufgerieben haben: dem gemeinschaftlichen Putzplan.

Und genau wie der Putzplan, der zwar für alle sichtbar am Kühlschrank klebt, aber in der Praxis kaum jemanden zu Staubsauger oder Spülmittel greifen lässt, verhält es sich auch mit Datenstrategien in Unternehmen: gut gemeint, klar formuliert, laminiert und am Ende doch ignoriert. Denn das eigentliche Problem ist nicht der Grundgedanke dahinter, es ist der Dienst nach Vorschrift.

Die stille Macht der Gewohnheit

Jeder kennt’s: Der Plan hängt da. Er ist bunt, übersichtlich, enthält Namen, Aufgaben und eventuell Sanktionen und Drohungen bei Nichtbefolgen. Trotzdem steht das Geschirr am Montagmorgen wie ein Mahnmal im Spülbecken. Nicht, weil niemand weiß, was zu tun wäre, sondern weil sich keiner zuständig fühlt oder denkt: „Wenn die anderen nicht anfangen, mach ich auch nichts.“ Vielleicht wischt mal einer übers Waschbecken, das war es aber in der Regel dann auch.

Genau so funktionieren viele Datenstrategien in Unternehmen. Die Struktur ist sauber, die Ziele formuliert. Und doch passiert… nichts. Oder zumindest nichts Nachhaltiges. Denn Veränderung beginnt nicht mit dem, was auf dem Papier steht, sondern mit dem, was Menschen wirklich tun.

Change ist kein Nebenprodukt

Die häufigste Denkfalle in Datenprojekten: „Wir machen die Technik, der Wandel kommt dann von ganz alleine, weil alle hungrig auf Veränderung sind.“ Das ist, als würde man den Putzplan in die Küche hängen und erwarten, dass plötzlich alle freiwillig anfangen zu schrubben. Funktioniert nicht. Hat nie funktioniert.

Im Projekt mit dem Feinkosthersteller war genau das der Knackpunkt: Die Infrastruktur war schnell skizziert. Doch der echte Wandel begann erst, als man anfing, über Sprache, Rollen und Vertrauen zu sprechen – also über die Kultur.

Warum die eigentlichen Gegner auf leisen Sohlen kommen

In der Theorie klingt alles logisch. In der Praxis sagt dann jemand: „Wir definieren das KPI nochmal nach Gefühl, so wie früher.“ Oder: „Das neue Tool ist nett, aber ich frag lieber nochmal die Kollegin aus dem Einkauf, das lief vorher ja auch immer einigermaßen.“

Dahinter muss nicht einmal böse Absicht stecken. Es ist der Alltag, gelerntes Verhalten. Und wenn niemand von Anfang an aktiv dagegensteuert, bleibt die neue Datenwelt eine hübsche Idee mit geringem Impact sowie ein paar schicken Tools, die Geld kosten und nicht angerührt werden.

Wie man vom Plan zur Bewegung kommt

Zurück zum WG-Kühlschrank: Was hilft wirklich? Nicht der zehntausendste Reminder, nicht Terry Tate, der Office Linebacker, sondern Klarheit, Vorleben und kleine Erfolge. Genau so lief es auch in unserem Projekt:

  • Begriffe wurden gemeinsam definiert, in Workshops mit den Fachbereichen, damit alle Beteiligten dasselbe meinen, wenn sie von KPIs, Prozessen oder Verantwortlichkeiten sprechen
  • Verantwortlichkeiten wurden verankert, nicht nur benannt: jede Rolle wurde so definiert, dass klar war, wer wofür zuständig ist, wer die Daten pflegt, freigibt und interpretiert, und was passiert, wenn es Unklarheiten gibt
  • Erste Quick Wins wurden sichtbar gemacht, etwa durch kleine, sofort nutzbare Berichte und klar messbare Verbesserungen im Abstimmungsalltag. Diese frühen Erfolge halfen, Vertrauen aufzubauen, Vorbehalte abzubauen und zeigten der Organisation: Veränderung funktioniert und lohnt sich
  • Meetings wurden bewusst neu gestaltet, nicht als klassische Frontbeschallung, sondern als kollaborative Arbeitsform, in der jeder aktiv eingebunden wurde. Statt endloser Status-Updates ging es darum, gemeinsam Probleme zu lösen, Verantwortung zu übernehmen und die Perspektiven der anderen Bereiche kennenzulernen, wie in einer WG-Sitzung, in der man plötzlich merkt, dass der Mitbewohner nicht faul ist, sondern einfach Nachtschicht hatte

So wurde der Plan nicht nur aufgehängt, er wurde gelebt. Oder, um im WG-Bild zu bleiben: Es war nicht wie damals, als jemand zur Durchsetzung des Putzplans ein Strafsystem mit “Pfandflaschensteuer” einführen wollte und die Küche danach drei Wochen lang wie ein Schwarzmarkt hinter dem Wertstoffhof aussah. Vielmehr war es so, dass alle verstanden: Wenn jeder seinen Teil beiträgt, bleibt der Laden sauber und der Hausfrieden intakt. Übertragen auf das Unternehmen bedeutete das: Der Wandel wurde nicht verordnet, sondern Stück für Stück im Alltag verankert.

Fazit: Der Kühlschrank allein macht die Küche nicht sauber

Datenstrategie ist kein Laminiervorgang. Sie braucht mehr als ein durchdachtes Konzept oder eine strategische PowerPoint-Präsentation. Sie braucht Menschen, die den Wandel mittragen wollen, weil sie seinen Nutzen verstanden haben. Und sie braucht Führung, die nicht nur delegiert, sondern selbst mit gutem Beispiel vorangeht und zeigt: Das hier ist kein Pilotprojekt, sondern eine neue Form der Zusammenarbeit.

Denn am Ende ist es wie beim WG-Putzplan: Er kann noch so schön gestaltet, noch so logisch aufgesetzt und noch so oft diskutiert werden, wenn niemand loslegt, bleibt das Bad dreckig. Oder im Unternehmenskontext: Die Daten bleiben liegen, die Silos bleiben bestehen, und das Vertrauen in die Strategie? Das wird irgendwann genauso vergilbt sein wie der Ausdruck am Kühlschrank.

Kultur frisst Datenstrategie zum Frühstück – und sie hat einen gesunden Appetit. Wer das ignoriert, hat am Ende zwar ein tolles PDF, aber keine Wirkung.

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