
Digitale Brücken statt digitales Dogma: Warum Digitalisierung mit Vertrauen und Zuhören beginnt
- Julian Koller
- Digitalisierung
- 07.04.2025
“Wir haben das perfekte Tool eingeführt – und niemand nutzt es.”
Diesen Satz hört man öfter, als man denkt. Von Projektleiter, die alles richtig gemacht haben – außer vielleicht, die Anwender zu fragen. Da wird ein System monatelang geplant, getestet, dokumentiert – und dann… steht es da. Hochglanzbereit, technisch top, aber leer. Die Wahrheit ist: Digitalisierung beginnt mit Zuhören. Nicht mit dem Systemstart. Nicht mit der Toolschulung. Sondern mit der einfachen, aber oft übersehenen Frage: Was brauchst du, damit deine Arbeit einfacher wird? Und genau hier liegt der Unterschied zwischen digitalem Dogma und digitalen Brücken. Zwischen Pflicht und Beteiligung. Zwischen Misserfolg und echtem Fortschritt.
In vielen Projekten wird Digitalisierung als rein technisches Vorhaben begriffen. Systeme sollen eingeführt, Daten zentralisiert und Prozesse automatisiert werden. Alles richtig – aber: Ohne den Faktor Mensch bleibt jede Transformation Stückwerk.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Ein Unternehmen rollte ein neues Ticket-System im Kundenservice aus. Alles schien durchdacht. Doch nach drei Monaten zeigte die Auswertung: Kaum jemand nutzte die automatisierte Kategorisierung. Warum? Weil sie im Alltag nicht funktionierte – und niemand gefragt worden war, welche Kriterien für die Kollegen überhaupt sinnvoll sind.
Zuhören heißt in diesem Fall: Nicht nur Anforderungen sammeln, sondern echtes Interesse zeigen. Nachfragen. Testen lassen. Raum für Kritik geben. Denn nur so entstehen Systeme, die nicht nur technisch sauber, sondern auch lebensnah sind.
Alltagswissen ist Gold wert – Die wahren Experten sitzen selten im Projektmeeting
Die wahren Experten stehen in der Fertigung, telefonieren mit Kunden oder prüfen Zahlen im Controlling. Sie wissen genau, wo es hakt, welche Informationen fehlen und wie Dinge wirklich ablaufen.
Ein Beispiel:
In einem Maschinenbauunternehmen wurde über Wochen an einem automatisierten Reporting für die Wartung gearbeitet. Doch erst in einem Gespräch mit den Servicetechnikern stellte sich heraus: Die wichtigsten Hinweise stehen oft handgeschrieben auf Übergabeblöcken, weil es bisher keine einfache Möglichkeit zur digitalen Notiz gab um das Reporting wirklich nützlich zu machen.
Das Problem war nicht die Technologie. Sondern das fehlende Ohr für die Realität.
Alltagswissen ist oft unstrukturiert, aber extrem wertvoll. Wer es nutzt, baut Systeme, die nicht „von oben“ kommen, sondern aus dem echten Bedarf entstehen.
Kleine Brücken bauen – mit Eingabemasken, Kommentarfeldern und Co.
Digitale Brücken müssen nicht groß oder teuer sein. Manchmal reicht eine einfache Maßnahme, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen:
- Eingabemasken, die exakt auf den Workflow im Außendienst zugeschnitten sind – statt generischer Formulare
- Kommentarfelder in Dashboards, um direkt Rückmeldungen zum Datenstand zu geben
- Upload-Funktionen für Zusatzdokumente, wenn Informationen nicht strukturiert vorliegen
- Freitextfelder für Beobachtungen in der Produktion, die später systematisch ausgewertet werden können
- Forecasting-Modul im Einkauf, das automatische Bestellvorschläge liefert – aber erst durch die Ergänzung eines Kommentarfelds sinnvoll genutzt wurde, in dem das Team Sonderfälle wie Saisongeschäft dokumentieren kann
Solche Lösungen zeigen: Digitalisierung kann pragmatisch sein. Und gerade darin liegt ihre Stärke.
Veränderung braucht nicht nur Führung, sondern Vertrauen. Und Vertrauen entsteht durch Beteiligung. Wenn Mitarbeitende merken, dass ihre Hinweise gehört und ihre Ideen umgesetzt werden, entsteht ein ganz anderer Zugang zu digitalen Tools. Aus Nutzungsfrust wird Mitverantwortung.
Fazit – Vom Gespräch zur nachhaltigen Lösung
Wer Digitalisierung wirklich voranbringen will, sollte sich weniger mit Tools beschäftigen – und mehr mit den Menschen, die sie nutzen sollen. Denn nachhaltige Transformation entsteht nicht durch Systemdruck, sondern durch Gesprächskultur.
Der Einstieg ist oft einfacher, als man denkt:
- Eine offene Runde mit Fachbereichen
- Ein strukturiertes Input-Formular
- Ein MVP-Feature, das direkt umgesetzt wird
- Ein regelmäßiges „Feedback-Board“ im Reporting
So entstehen keine fertigen Systeme – aber funktionierende Brücken. Und genau die sind es, die am Ende den Weg ebnen für wirkliche, sinnvolle Digitalisierung.
Nicht der nächste Rollout bringt den Fortschritt – sondern das nächste ehrliche Gespräch.
Bei Alpine Data Ventures helfen wir Unternehmen, diese Brücken zu bauen – mit echten Beteiligungsformaten, datengetriebener Umsetzungsstärke und technologischem Fingerspitzengefühl.