
Ohne Architekt kein Haus: EAM als Bauplan für Ihr Unternehmen
- Carsten Hof
- Enterprise Architecture
- 21.10.2024
Enterprise Architecture Management (EAM) ist der Bauplan für Ihr Unternehmen – die Grundlage, auf der Geschäftsprozesse und IT-Systeme sinnvoll miteinander verknüpft werden. Wie bei einem Hausbau, bei dem Architekten Pläne entwerfen, um sicherzustellen, dass alle Gewerke harmonisch zusammenarbeiten, schafft EAM eine gemeinsame Sprache zwischen Business und IT. Diese gemeinsame Sprache ist entscheidend, um Ihr Unternehmen effizient weiterzuentwickeln und in der digitalen Transformation wettbewerbsfähig zu bleiben.
Enterprise Architecture Management ist ein strukturiertes Vorgehen, mit dem Unternehmen ihre Geschäftsprozesse, IT-Systeme, Datenstrukturen und technischen Infrastrukturen aufeinander abstimmen. Das Ziel ist es, eine klare Übersicht zu schaffen, wie verschiedene Geschäftsbereiche und Technologien miteinander interagieren und welche Anpassungen nötig sind, um zukünftige Geschäftsziele zu erreichen.
Man stelle sich vor, Sie bauen ein Haus: Ohne Architektin wüssten die Baufirmen nicht, wo Fenster, Türen oder Wände geplant sind. Ähnlich wie der Bauplan für ein Haus dient EAM dazu, die Struktur und Funktionsweise eines Unternehmens darzustellen – und zwar so, dass alle Beteiligten eine klare Vorstellung davon haben, wie das fertige “Gebäude” aussehen soll. Im Kontext von EAM bedeutet das: Prozesse und Systeme werden gemeinsam abgebildet, sodass Business und IT dieselbe “Sprache” sprechen.
Die Gefahr des Turmbaus zu Babel
Was viele Unternehmen ohne Architektur erleben, gleicht dem Turmbau zu Babel: plötzlich sprechen alle Bauarbeiter unterschiedliche Sprachen, was zur Verwirrung und letztendlich zum Scheitern des Projekts führt. Genau das kann in Unternehmen passieren, wenn IT und Business nicht dieselbe Sprache sprechen: Es entstehen Missverständnisse, Projekte stagnieren oder scheitern sogar, weil keine klare Struktur vorhanden ist und jede Abteilung ihre eigenen Ziele verfolgt.
Mit einer klaren Unternehmensarchitektur wird diese Verwirrung vermieden. Diese fungiert als einheitlicher Bauplan, der sicherstellt, dass alle im Unternehmen – egal ob im IT-Bereich oder im Business – die gleichen Ziele verfolgen und verstehen, wie ihre Beiträge in das große Ganze passen.
Woran merkt man, dass man dringend in EAM investieren sollte?
Die digitale Transformation verlangt mehr denn je nach klar strukturierten Prozessen und Systemen. Doch oft wachsen IT- und Prozesslandschaften historisch – das bedeutet, sie entwickeln sich unkoordiniert über die Jahre weiter. Typische Symptome, dass es Zeit für EAM ist:
- Mangelhafte digitale Prozessunterstützung: Prozesse sind oft nicht durchgängig digitalisiert, Anmeldung an verschiedenen Systemen, Datenübertrag durch stupides Copy&Paste. Das alles führt zu Ineffizienz und Frustration.
- Extreme Vernetzung der Systemlandschaft: Aus dem Bedarf heraus wurden über die Zeit immer neue Schnittstelle implementiert. Es gibt keine klare Kommunikationsstruktur zwischen den Anwendungen. Man hat ein Knäuel an Systemen (Hairball-Architektur) und die Auswirkungen von Änderungen an einem System hat unvorhersehbare Auswirkungen auf andere Systeme. Ein Update oder gar ein Systemaustausch sind kaum mehr möglich.
- Sicherheitslücken oder Systemausfälle: Ein fragmentiertes System ist anfälliger für Probleme, die im schlimmsten Fall existenzbedrohend sein können.
- Technologische Sackgassen & technische Schulden: Altsysteme verhindern Flexibilität und Innovation.
- Redundanzen: Mehrere Systeme, die ähnliche Funktionsumfänge bieten und Unklarheit wer und welches System die Hoheit über welche Daten hat.
- Kommunikationslücken zwischen IT und Business: Wenn beide Bereiche nicht mehr effizient miteinander arbeiten können, da ihnen die gemeinsame Sprache fehlt. Wenn Sie diese oder ähnliche Anzeichen in Ihrem Unternehmen bemerken, ist es höchste Zeit, über ihre Architektur nachzudenken.
Was kann EAM leisten – und was nicht?
EAM kann:
- Eine gemeinsame Sprache schaffen, um Business und IT besser zu verzahnen.
- Die Effizienz steigern, indem es Abhängigkeiten und Schwachstellen in der Unternehmensstruktur sichtbar macht.
- Ein Unternehmen zukunftssicher machen, indem es Anpassungsfähigkeit und Innovation fördert.
- Zielkonflikte aufzeigen, redundante Systeme finden, fehlende Bausteine / Systeme identifizieren
- Mit etablierten Frameworks wie TOGAF einen systematischen Ansatz liefern, der sicherstellt, dass keine wesentlichen Aspekte der Unternehmensarchitektur übersehen werden.
EAM kann nicht:
- Alle Probleme sofort lösen. Die Skizze des Architekten stellt noch kein bewohnbares Haus dar. Genauso ist eine Unternehmensarchitektur zu operationalisieren und kontinuierlich an die Rahmenbedingungen anzupassen.
- Konflikte lösen: EAM macht Konflikte transparent - eine größere Küche (mehr Automatisierung) bedingen ein kleineres Wohnzimmer (weniger Individualisierung) oder gar mehr Budget - löst sie aber nicht per se.
- Entscheidungen komplett ersetzen. Letztlich hängt der Erfolg von den Entscheidungen und dem Engagement des Managements ab.
Wie fängt man an?
Architekturarbeit sollte immer im Geschäft beginnen und der Start bedarf auch keiner großen Frameworks. Ein guter Startpunkt ist das Business-IT-Alignment, also der Abgleich der Ziele und Ausrichtung von Business und IT. Die Leiterin der IT sollte sich mit der Unternehmensführung zusammensetzen und eine klare Strategie entwickeln, welche Rolle die IT in der Digitalisierung des Unternehmens spielt.
Folgende Schritte helfen, eine Unternehmensarchitektur zu entwickeln:
- Abstimmung der Unternehmensziele: Was will Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren erreichen? Welche IT- und Prozessanpassungen sind dafür nötig?
- Analyse des Status quo: Wo stehen Sie aktuell? Welche Prozesse und Systeme sind im Einsatz?
- Priorisierung der Handlungsfelder: Welche Probleme sind dringend? Welche Änderungen bringen schnellen Mehrwert?
- Schrittweise Implementierung: eine Unternehmensarchitektur muss nicht über Nacht perfekt sein - auch Rom wurde nicht an einem Tag gebaut. Beginnen Sie mit kleineren Projekten, um erste Erfolge zu erzielen und Erfahrungen zu sammeln.
Im nächsten Teil der Blog-Serie zur Unternehmensarchitektur detaillieren wir die Schritte und brechen diese in einem Umsetzungsplan herunter.
Nutzung von Standards
Da wir gerne auf in der Praxis erprobte Standards zurückgreifen, setzen wir häufig auf TOGAF (The Open Group Architecture Framework). TOGAF ist das weltweit meistgenutzte Architektur-Framework und bietet eine strukturierte Vorgehensweise für die Entwicklung, das Design und die Implementierung von Enterprise Architecture. Es hilft dabei, die vier architektonischen Ebenen zu definieren, die für eine ganzheitliche Betrachtung notwendig sind:
- Business Architecture: Welche Geschäftsprozesse und Strukturen bestehen, und wie passen sie zur IT?
- Application Architecture: Welche Anwendungen unterstützen die Geschäftsprozesse?
- Data Architecture: Wie werden Daten im Unternehmen organisiert und genutzt?
- Technology Architecture: Welche technischen Infrastrukturen liegen den Prozessen und Anwendungen zugrunde?
Obwohl TOGAF eine umfassende Methodik bietet, die sich in großen Organisationen bewährt hat, kann es für kleinere Unternehmen zunächst überwältigend wirken. Deshalb ist es wichtig, den Fokus auf schnelle, praktische Ergebnisse zu legen, statt sich in umfangreichen Dokumentationen und langwierigen Planungsphasen zu verlieren. TOGAF sollte als Werkzeugkasten gesehen werden, aus dem man gezielt die Ansätze auswählt, die dem aktuellen Bedarf des Unternehmens entsprechen.
Fazit: EAM als strategisches Fundament
Die Unternehmensarchitektur ist das strategische Fundament, auf dem die Weiterentwicklung Ihres Unternehmens basiert. Es ist der Bauplan, der Klarheit und Struktur schafft, damit alle Beteiligten – vom Management bis zur IT – auf dasselbe Ziel hinarbeiten können. So wie ein Bauplan den Bauherren und Handwerkern hilft, das fertige Haus zu verstehen, hilft die Unternehmensarchitektur dabei, Business und IT zu vereinen, Abläufe und Systeme gleichzeitig zu beschreiben und Ihr Unternehmen effizient weiterzuentwickeln.
Also: Traut euch, den ersten Schritt zu gehen – und denkt daran: Technologie ist nur die halbe Miete. Den Rest müsst ihr in den Köpfen und in der Kultur eures Unternehmens verändern.
Ihr sucht zertifizierte TOGAF-Spezialisten, die Unternehmensarchitektur sowohl in der Theorie als auch in der praktischen Anwendung beherrschen? Gerne begleiten wir euch und teilen unsere Best Practices aus zahlreichen erfolgreichen Architektur-Projekten.
Melde dich einfach mit dem Stichwort “Ohne Architekt kein Haus” unter info@alpinedata.de und wir vereinbaren einen zeitnahen Termin, um mit euch den Bauplan für eure erfolgreiche Unternehmensarchitektur zu erarbeiten.