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Datenstrategie – alle rudern, aber keiner kennt den Kurs

Datenstrategie – alle rudern, aber keiner kennt den Kurs

Ausgangslage – wenn bewährte Praxis an neue Grenzen stößt

Ein mittelständischer Feinkosthersteller mit mehreren hundert Produkten wollte datengetriebener arbeiten. Die Geschäftsführung hatte erkannt, dass Erfahrung allein nicht mehr ausreicht, um in einem zunehmend komplexen Marktumfeld und auf Basis fragmentierter Datenlagen verlässlich zu steuern. Ziel war es, bessere Entscheidungen zu treffen, Prozesse transparenter zu machen und mittelfristig mit KI Prognosen für Absatz und Produktionsplanung zu unterstützen.

Doch im Unternehmen herrschte Datenchaos. Zwar waren viele Informationen grundsätzlich vorhanden, sie lagen aber an unterschiedlichen Orten: in Excel-Tabellen, in Fachbereichs-Tools, in E-Mails oder nur im Kopf einzelner Mitarbeiter. Wer eine konkrete Frage hatte, musste sich Daten aus verschiedenen Quellen zusammensuchen, ein Vorgang, der nicht nur zeitaufwendig, sondern auch fehleranfällig war. Vertrieb, Einkauf, Produktion und Controlling arbeiteten mit unterschiedlichen Begriffen, Formaten und KPI-Definitionen. Reports wurden häufig hinterfragt, Systeme nicht vernetzt, Entscheidungen teils doppelt getroffen. Zwar gab es Tools und Daten, aber niemand konnte sagen, welche Zahlen wirklich belastbar waren.

Die zentralen Probleme – wenn niemand weiß, was richtig ist

Obwohl viele Informationen grundsätzlich vorhanden waren, fehlte es an einem gemeinsamen Zielbild für den Umgang mit Daten. Jede Abteilung hatte ihr eigenes Verständnis zentraler Begriffe wie „Deckungsbeitrag“ oder „Lieferzuverlässigkeit“. Die Verantwortung für Daten war nicht geregelt, niemand wusste so recht, wer für welche Kennzahl oder welche Stammdatenfelder zuständig war. Bestehende Systeme wurden häufig als reine Ablage genutzt, nicht als aktive Steuerungsinstrumente.

Hinzu kam, dass viele Mitarbeiter kaum ein Verständnis für den konkreten Mehrwert von Daten in ihrem Arbeitsalltag hatten. Daten galten oft als bürokratisches Beiwerk oder IT-Thema, nicht als Hebel für bessere Entscheidungen oder effizientere Prozesse. Weil die Qualität der verfügbaren Daten immer wieder angezweifelt wurde, fehlte auch die nötige Akzeptanz, sie tatsächlich zu nutzen. Zudem gab es keine zentrale, verlässliche Datenquelle – keine sogenannte Single Source of Truth –, an der sich die Organisation orientieren konnte. Unterschiedliche Zahlen aus unterschiedlichen Quellen führten regelmäßig zu Verwirrung und endlosen Abstimmungsrunden. Die Umstellung auf datengestütztes Arbeiten stellte sich somit nicht nur als technische, sondern vor allem als kulturelle Herausforderung heraus.

Unser Vorgehen – von Datendurcheinander zu Strategie mit Struktur

Der erste Schritt bestand darin, die internen Perspektiven und Herausforderungen zu verstehen. In strukturierten Interviews mit der Geschäftsführung und Vertretern aller relevanten Bereiche sammelten wir Erwartungen, Schmerzpunkte und bestehende Datenlogiken. Dabei wurde deutlich, dass es nicht nur um technische Lösungen geht, sondern vor allem um ein gemeinsames Verständnis, wie Daten genutzt werden sollen, um fundierte Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig operative Prozesse effizienter zu gestalten.

Auf dieser Grundlage entwickelten wir ein Zielbild für datengetriebene Wertschöpfung. Welche Informationen sind dafür relevant? Welche Rollen und Verantwortlichkeiten braucht es? Wie lässt sich das organisatorisch verankern? Wir definierten ein praxistaugliches Rollenmodell für Datenverantwortung und überführten es in die bestehende Aufbauorganisation. In moderierten Workshops mit Schlüsselpersonen wurden konkrete Use Cases priorisiert, die kurzfristigen Mehrwert stiften konnten und gleichzeitig die Strategie mit Leben füllten.

Das Ergebnis war ein kompaktes Datenstrategie-Canvas mit klaren Prinzipien, Zuständigkeiten, Zielzuständen und einer realistischen Roadmap zur Umsetzung. Zusätzlich wurde gemeinsam der Plan gefasst, ein zentrales Data Warehouse aufzubauen, das als technische Basis für eine einheitliche Datenhaltung dient. Als Auswertungs- und Visualisierungsschicht soll ein nutzerfreundliches BI-Tool darauf aufsetzen, um den Fachbereichen schnellen und verlässlichen Zugriff auf zentrale Kennzahlen und Analysen zu ermöglichen. Damit wurde früh die Brücke zwischen strategischer Ausrichtung und technischer Umsetzung geschlagen.

Besonders hervorzuheben ist die Rolle der Geschäftsführung. Sie stellte nicht nur die nötigen Ressourcen bereit, sondern war auch sichtbar als Treiberin des Wandels aktiv. Mit klarem Buy-In, persönlichem Engagement und kontinuierlicher Kommunikation sorgte sie für den nötigen Rückenwind im gesamten Projekt.

Die Ergebnisse – Wirkung zeigen, ohne gleich das Rad neu zu erfinden

Die Ergebnisse des Projekts spiegelten den Anspruch wider, Datenstrategie nicht nur theoretisch zu formulieren, sondern auch greifbar umzusetzen. Im Mittelpunkt stand das gemeinsame Verständnis, wie Daten im Unternehmen zukünftig genutzt und gepflegt werden sollen. Die bereichsübergreifende Zusammenarbeit hatte klar gezeigt, dass Daten nicht nur in der Verantwortung einzelner Fachbereiche liegen, sondern ein zentrales, strategisches Thema für das gesamte Unternehmen darstellen. In diesem Zuge übernahmen mehrere Mitglieder der Geschäftsleitung konkrete Verantwortung für definierte Datenbereiche und sorgten so für sichtbare Verbindlichkeit.

Parallel wurden erste, pragmatische Maßnahmen umgesetzt. Dazu zählten unter anderem die einheitliche Definition zentraler KPIs, die bislang je nach Abteilung unterschiedlich interpretiert wurden. Auch die Einführung einer verbindlichen Freigabelogik für Preis- und Mengendaten half, bestehende Reibungsverluste zwischen Einkauf, Vertrieb und Produktion spürbar zu reduzieren. Die damit verbundenen Erfolge trugen entscheidend zur Akzeptanz der neuen Denk- und Arbeitsweise bei.

Die erarbeitete Datenstrategie wurde abschließend offiziell in die Unternehmensplanung integriert. Nicht als separates Digitalprojekt, sondern als Bestandteil der operativen und strategischen Steuerung. Parallel dazu wurde der Aufbau des geplanten Data Warehouses mit aufgesetztem BI-Tool angestoßen. Dieses Vorhaben bildet die technische Grundlage für eine zentrale Datenhaltung und die abteilungsübergreifende Analysefähigkeit. Flankierend dazu wurde ein Schulungsprogramm für Data Literacy entworfen, um den Mitarbeitern die nötigen Kompetenzen im Umgang mit Daten zu vermitteln und die datenbasierte Arbeitsweise nachhaltig in der Organisation zu verankern. Damit wurde das Fundament gelegt, um datengetriebene Entscheidungsfindung, Prozessoptimierung und künftige digitale Initiativen wie KI-Anwendungen systematisch weiterzuentwickeln.

Learnings & Empfehlungen – was wir gelernt haben und weitergeben können

Im Rückblick auf das Projekt haben sich mehrere zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert. Ohne ein gemeinsames Verständnis für Datenbegriffe kann keine Organisation sinnvoll datengetrieben arbeiten. Beispielsweise bedeutet die gleiche Kennzahl in unterschiedlichen Bereichen oft etwas völlig anderes. Ebenso wenig reicht es, eine technische Lösung einzuführen, ohne Rollen, Prozesse und Zielsetzungen sauber zu definieren. Eine Datenstrategie lebt von klarer Führung. Sie ist kein IT-Projekt, sondern eine unternehmensweite Transformationsaufgabe, die aktives Data Leadership voraussetzt.

Besonders entscheidend ist dabei die Rolle der Geschäftsführung. Sie muss nicht nur Ressourcen bereitstellen, sondern aktiv für den Wandel werben, Orientierung geben und selbst mit gutem Beispiel vorangehen. In diesem Projekt war genau das der Fall und wurde zum zentralen Erfolgsfaktor.

Gleichzeitig wurde deutlich: Eine Datenstrategie kann nur dann wirksam greifen, wenn auch die Belegschaft sie mitträgt. Das bedeutet, dass ein Kulturwandel hin zu einer datenbewussten, analytisch denkenden Organisation nötig ist. Sichtbare, praxisnahe Erfolge helfen, diesen Wandel zu fördern, Vertrauen aufzubauen und den Mehrwert von Daten im Alltag erlebbar zu machen. Genau diese Mischung aus strategischer Klarheit, Führungskraft und operativer Relevanz hat das Projekt geprägt und erfolgreich gemacht.

Fazit – warum eine Datenstrategie mehr als nur ein Konzept ist

Die Ausgangslage war geprägt von Unsicherheit, isolierten Datensilos und fehlendem Vertrauen in die eigenen Zahlen. Mit dem Aufbau einer Datenstrategie konnte das Unternehmen jedoch einen strukturierten und nachhaltigen Wandel einleiten. Entscheidend war, dass wir nicht bei der Technik ansetzten, sondern bei den Menschen, der Sprache und den konkreten Entscheidungs- und Prozessbedarfen.

Die klare Unterstützung der Geschäftsführung und ihre aktive Rolle als Treiberin des Themas waren dabei ein zentraler Erfolgsfaktor. Data Leadership zeigte sich hier nicht nur in Form von Ressourcen und Strukturen, sondern auch durch persönliches Engagement und Kommunikation. Ebenso entscheidend war der Kulturwandel, der über die gesamte Belegschaft hinweg angestoßen wurde – weg vom reinen Bauchgefühl, hin zu datenbasiertem Denken und Handeln.

Heute verfügt das Unternehmen über ein belastbares Fundament, auf dem datengetriebene Prozesse, bessere Entscheidungen und perspektivisch auch KI-basierte Anwendungen sinnvoll aufgebaut werden können.